"Ich habe nicht mehr Angst vor Bush als vor Hussein"
Armin Laschet bezieht Position am "Goethe" - "Schulz glaubhafter"
Kontrastreicher hätte die Woche am Goethe-Gymnasium kaum sein können: Zwei Europa-Abgeordnete waren zu
Gast und stellten sich den Fragen der wissbegierigen Schüler der 9. Klassen. Nach Martin Schulz (SPD)
diskutierte nun Armin Laschet von der CDU mit den Jugendlichen über Fragen rund um die Europäische Union
und darüber hinaus. "Bevor man sich ein Urteil bildet, sollte man mindestens zwei unterschiedliche Meinungen
anhören", so Lehrer Sascha Spilker, Koordinator der Veranstaltungen.
Stolberg. Nachdem die Schüler sich im Unterricht ausführlich mit dem Thema Europa auseinandergesetzt
hatten, stellten sie per Internet Kontakt zu den Aachener Europaabgeordneten her, die sich prompt bereit
erklärten, der Schule einen Besuch abzustatten.
Rund 120 Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren stand Armin Laschet nun gegenüber. Nach einem kurzen Abriss
seines Lebenslaufes und der Geschichte der EU wurde das über eine Stunde dauernde Diskussionsgespräch
eröffnet. Ein großes Hintergrundwissen lag den gezielten Fragen der Schüler zu Grunde, die sich ganz besonders
für die Frage nach einem möglichen Krieg im Irak und dessen Notwendigkeit interessierten. Dass er mit solch
spezifischen Fragen nicht gerechnet habe, gab Laschet unumwunden zu.
"Die Frage nach dem Kriegseinsatz ist nicht einfach zu beantworten. Saddam Hussein ist wahrlich kein
Friedensfreund. Er hat über eine Million Tote im Iran zu verantworten, Kuwait überfallen, Israel mit der
Vernichtung gedroht und sogar schon Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt." Er sei überzeugt,
dass vom Irak eine große militärische Bedrohung ausgehe, die Interessen nach Öl seien da nicht im Vordergrund.
Doch zunächst müsse die Arbeit der Inspektoren beendet werden: "Krieg sollte man als allerletztes Mittel
nutzen. Manche Aussagen zu einem möglichen Kriegseinsatz halte ich für vorschnell." Die Schüler äußerten
daraufhin Befürchtungen, die USA könnten als Weltmacht vielleicht gefährlicher werden als Saddam Hussein,
doch da winkte Laschet sofort ab: "Ich habe nicht mehr Angst vor Bush als vor Hussein. Der eine ist ein frei
gewählter Demokrat, der andere ein Massenmörder." Dem Einwand, warum die USA denn nicht Nordkorea
angreife, entgegnete er: "Man darf Nordkorea nicht drängen. Die sind so isoliert, da könnten sie schnell die
falsche Entscheidung treffen." Vielmehr solle man auf Nordkorea einwirken, wieder den Ausstieg aus dem
Atomwaffenabkommen rückgängig zu machen.
Doch auch zu EU-spezifischen Fragen, etwa zur Osterweiterung, zum Beitritt der Türkei oder zur
Flüchtlingsfrage, bezog Laschet Stellung. Zudem interessierte die Schüler, wie Laschets Familie mit seinem
Beruf umgeht und wie man überhaupt Politiker wird.
Doch nach Meinung der Schüler konnte Laschet nicht mit seinem SPD-Kollegen mithalten. "Martin Schulz hat
das viel interessanter und spannender gemacht. Außerdem hat er kürzere und präzisere Antworten gegeben",
meinten Melanie und Thomas, beide 15 Jahre alt. Dem stimmten auch Rebecca (15), Lisa (14), Manuela (15),
Yvonne (15) und Nadine (15) zu: "Schulz hat nicht so an den Themen vorbeigeredet und war deshalb
glaubhafter und verständlicher." Wesentliche Unterschiede haben sie in der Haltung der beiden Politiker zur
Irak-Frage entdeckt: "Die CDU möchte mit einer Kriegsdrohung Druck machen. Dann muss man aber auch
dabei sein", sind sie sich einig.
Noch einen weiteren Sympathiepunkt konnte Schulz einstecken, denn: "Er hat nicht so abwertend über die CDU
gesprochen, wie es umgekehrt Armin Laschet getan hat."
Stolberger Zeitung, 25.01.2003