"Was lesen eigentlich Schüler in Italien?"
Comenius: EU-Projekt bringt andere Länder näher
Stolberg. Sie sitzen zusammen an den Schulbänken des Goethe-Gymnasiums,
Deutsche, Engländer, Italiener, Niederländer, und gemeinsam arbeiten sie an
ihrem Projekt, brüten Ideen aus, planen.
Die da sitzen, könnten Schüler sein - es sind aber im Gegenteil Lehrer,
deren Schulen in Stolberg, Udine/Italien, Sunderland/England sowie Didam und
Veghel/Niederlande am Comenius-Projekt der EU teilnehmen. «Aber für uns ist
das auch eine Art Schüleraustausch hier», sagt der Niederländer Ger
Mekkelholt, «wir lernen viel voneinander.»
Susanne Camphausen ist die Projektkoordinatorin am Goethe-Gymnasium, das mit
fünf Lehrern und insgesamt 120 Schülern am dreijährigen Projekt teilnimmt.
Dessen Ziel ist es, mehr Verständnis für die europäischen Nachbarn zu
entwickeln, sich kennen zu lernen, Toleranz zu fördern.
«Wir wollten das Goethe-Gymnasium einfach öffnen, mehr über das Ausland
lernen», beschreibt Camphausen die Gründe für die Teilnahme am Projekt, das
mit diesem Schuljahr begonnen hat.
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Das ist europäisches Arbeiten: Schülerinnen aus Stolberg, Italien und den Niederlanden
besprechen, was sie gerne im gemeinsamen Comenius-Projekt bearbeiten würden - komplett
auf Englisch. Foto: Aachener Zeitung.
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Jetzt tauschen sich deutsche Schüler und Lehrer mit englischen,
niederländischen und italienischen über ihre jeweiligen Länder und die
Unterschiede zu den anderen aus. Verglichen werden gemeinsame Themen: «Die
Schule und ihre Organisation», «Ein Tag in unserer Schule» oder der Ablauf
des Erdkundeunterrichts werden von Schülergruppen dargestellt, aufbereitet
und im Internet den anderen Schulen präsentiert.
Gibt es Nachfragen, wird die Präsentation ergänzt oder verdeutlicht. Erste
Ergebnisse sind auf Plakaten bereits im «Goethe» ausgehängt.
Bei ihrem ersten Arbeitstreffen von Donnerstag bis Montagmorgen planen die
Lehrer in Stolberg den weiteren Ablauf des Projektes, überprüfen, ob ihre
Pläne stimmen und zeitlich eingehalten werden können: «Wir versuchen, so
weit wie möglich die Kinderkrankheiten des Projektes zu vermeiden»,
beschreibt Mekkelholt das. Es werde auch überlegt, wie man weitere Schüler
einbinden könne, sagt Margret Lewis, Englischlehrerin in Udine.
Die Schüler sind derweil überaus eingebunden: Im Nebenraum sitzen nämlich -
quasi als Nebenprodukt des Arbeitstreffens - zehn Stolberger Schülerinnen
mit zehn weiteren aus Udine und den Niederlanden zusammen und üben Kritik an
den Plänen ihrer Lehrer.
Konstruktive Kritik, wohlgemerkt, wie die Englischlehrerin Bettina
Kemp-Kahlert lobend feststellt. Auch bei den Schülerinnen - Jungen hatten
sich nicht gemeldet - sind die unterschiedlichen Nationalitäten und Sprachen
überhaupt kein Problem; gemeinsame (Arbeits-)Sprache ist Englisch. In
gemischten Gruppen erarbeiten sie Verbesserungsvorschläge für weitere
Arbeitsgruppen.
Da wird zum Beispiel vorgeschlagen, man könne die Länder anhand ihrer
Jugendzeitschriften vergleichen - ist doch interessant zu wissen, was die
italienischen Jugendlichen lesen, wenn es dort keine «Bravo» gibt. «Das ist
eine tolle Möglichkeit, Land und Leute kennen zu lernen», sagt
beispielsweise Elisa Miniussi aus Udine. Und damit meint die 15-Jährige
nicht nur den Vergleich ihrer Zeitschriften ...
Der Austausch der Daten, die die Schülergruppen sammeln, erfolgt
länderübergreifend per Internet: www. zwijsen-college.nl/~comenius2001. Und
auch der persönliche Kontakt zwischen den Schülern selbst ist hochmodern; er
erfolgt per E-Mail - oder per Brief.
Marc Wahnemühl, Aachener Zeitung, 02.03.2002