Gefühlswelt einer liebenden jungen Frau brillant gesungen
Stolberg. Lieder «rheinischer Komponisten» waren alleiniger Inhalt des
zweiten Abo-Konzertes der Stadt Stolberg, das am Wochenende die Altistin
Anna Fischer und ihr Begleiter am Flügel Theo Palm im Rahmen des Rheinischen
Musikfestes im Rittersaal der Burg Stolberg gaben.
Für den ersten Teil des Abends hatten die beiden Hochromantisches und
äußerst Gefühlsbetontes ausgewählt.
Dafür stand natürlich Robert Schumann, seit 1850 Musikdirektor in
Düsseldorf, mit seinem reichen Liederschatz, aus dem der Zyklus «Frauen -
Liebe und Leben» op. 42 zu hören war. Und zuvor erklangen acht Lieder seines
von ihm sehr geschätzten Kollegen Norbert Burgmüller, in Düsseldorf im
gleichen Jahr wie Schumann geboren, aber bereits mit 26 Jahren in Aachen
verstorben.
Anna Fischer sang dessen Lieder, die thematisch vornehmlich ein negatives
Gefühlsbild zeichneten, mit viel Natürlichkeit in einer sensibel und fein
ausdifferenzierten Stimmung. Bei Titeln wie «Winterreise», «Sehnsucht nach
Ruhe», «Hoffungslos», «Nachtreise» oder «Lebe wohl» mit Texten, die von
Dunkelheit und Kälte, Betrübnis und Schwermut, Abschied und Tränen, ließ ihr
kräftiger wohltönender Alt keine seichte Sentimentalität zu.
Auch nicht beim Schumann-Zyklus, in der die Gefühlswelt einer liebenden
jungen Frau vom Kennenlernen ihres Auserwählten über Verloben, Heirat und
Geburt des Kindes bis hin zum frühen Tod des Mannes geschildert wird und
nach heutigem Geschmack kaum noch vermittelbar scheint.
Doch die Sängerin schaffte es mühelos, das Wesentliche dieser Vertonungen zu
vermitteln. Dabei konnte sie sich stets auf die klanglich nuancenreiche und
einfühlsame Klavierbegleitung eines Theo Palm verlassen. Sein Spiel stand
immer im Dienst einer glaubhaften Interpretation.
Der Vortragsstil des Duos änderte sich auch nicht, als nach der Pause mit
Gedichtvertonungen des aus Düren stammenden Max Schillings und des
Rheinländers Bernd Alois Zimmermann modernes Liedgut erklang.
Denn dies war nicht avantgardistisch geprägt, sondern stand ganz in
Fortsetzung des vorher Gehörten; und so auch die «Erlesenen Reminiszenzen»
für Altstimme und Klavier nach Gedichten von Annette von Droste-Hülshoff,
die der anwesende Eschweiler Kantor Franz Surges eigens für dieses Konzert
komponiert hatte.
Dazwischen aber durchbrachen vier heitere Tiergedichte von Brecht, vertont
von Pianist Theo Palm die romantische Grundstimmung. Ein köstlicher
Kontrapunkt, den Anna Fischer und der Komponist gekonnt vorstellten und
damit einen Liederabend vervollständigten, der dem Rheinischen Musikfest
angemessen war.
Aachener Zeitung Online, 21.05.2002