Stammtisch als Keimzelle eines intensiven Dialogs
Stolberg.
Die ersten Erfolge stellten sich nach der Diskussion bei den Gesprächen in lockerer
Runde beim SMS-Unternehmer-Stammtisch «Arbeit und Bildung im Dialog» ein: Zwischen Schulen und
Unternehmen bahnen sich konkrete Zusammenarbeiten an.
Michael Knauff (MCA) sprach mit Rudi Dreuw (Berufskolleg), Susanne Beckers-Wellnitz (Idealbau)
mit Gerd Szepannek (GTHS Kogelshäuserstraße) und Manfred Scheen (Elektro Scheen) mit Sabine
Schieren (Perspektive) über gemeinsame Perspektiven.
Beispiel Scheen: Im Bereich der Elektrotechnik müssen Leitungen verlegt und andere
handwerkliche Arbeiten verrichtet werden. Dafür ist kein Berufsabschluss nötig, der etwa zu
hochkomplizierten Berechnungen von Installationssystemen befähigt.
Sabine Schieren wiederum kümmert sich um Schüler, die ohne Abschluss Schwierigkeiten beim Start
ins Berufsleben haben. Zunächst mit Praktika wollen beide Seiten versuchen, die Zusammenarbeit
zum beiderseitigen Vorteil mit Leben zu erfüllen.
Und ein zweiter Erfolg stellte sich an dem Abend im Museum Zinkhütter Hof ein, der der Mahnung
von Auftaktredner Prof. Dr. Gerd Wassenberg, «der Dialog darf keine Alibi-Funktion haben»,
erfüllte: Der SMS-Stammtisch entwickelte sich zur «Keimzelle weiterer Aktivitäten», wie es
Arbeitskreisleiter Mathias Prußeit formulierte.
Wie sie konkret aussehen können, werde in den nächsten Wochen erarbeitet. So fand der
Arbeitskreis bei diesem Thema eine Reihe neuer Mitglieder, die den begonnenen Dialog mit Leben
füllen wollen.
Dass der Bedarf dafür besteht, war bei der intensiven Diskussion deutlich geworden. Unternehmen
streben einen engeren Kontakt zu Schulen ebenso an wie umgekehrt der Weg in die Wirtschaft
gesucht wird. Beispielsweise die Unternehmer Dieter Schumacher und Michael Knauff betonten, wie
wichtig für Firmen die Praktika von Schülern oder das Anfertigen von Diplom-Arbeiten sind.
Die Schüler Miguel Rodriguez, Anne Hansen und Billur Babacan stellten heraus, wie bedeutend die
Einblicke in Unternehmen für ihre Suche nach der zukünftigen beruflichen Perspektive sind.
Die Schulleiter Stefanie Luczak, Burghart Klein, Gerd Szepannek und Walter Clahsen
unterstrichen, dass ihre Schüler auf eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft angewiesen sind.
Und Personalleiter Christian Reuschen (Dalli) und Joachim Bellut (Sekurit Saint-Gobain) eine
intensive Bereitschaft der Industrie auf Schulen zuzugehen.
Kurzum: Es werden Defizite konstatiert, ein gewisser Dialog besteht bereits, aber alle Seiten
möchten ihn wesentlich intensivieren. Über Formen müssen sich die Beteiligten noch einigen;
Ideen gibt es bereits: eine Stolberger Berufsmesse, auf der Gewerbe und Schüler Kontakte
knüpfen können, ein örtlicher Handwerkertag, Berufsanfängerseminare, Projekt- und
Informationstage ...
Am weitesten gediehen sind wohl die Beziehungen zwischen Ritzefeld-Gymnasium und Sekurit
Saint-Gobain, die Direktor Burghart Klein und Personalleiter Joachim Bellut vorstellten.
Im Dezember soll der Partnerschaftsvertrag unterschrieben werden.
«In den letzten zehn Jahren haben wir in Maschinen investiert; jetzt wollen wir in Menschen
investieren», nannte Bellut die Maxime, unter der die Zusammenarbeit besiegelt wird. Es ist
die erste in Stolberg, in der Aachener Region gibt es bereits 20 Kooperationen.
Eine Verbesserung des Images, der Abbau von Vorurteilen, eine verbesserte Identifikation der
Mitarbeiter und Schüler mit ihrer Institution sind ebenso Gründe wie eine höhere
Praxisorientierung des Unterichts, das Aufzeigen von konkreten Berufsmöglichkeiten und das
Rekrutieren zukünftigen Personals.
Gegenseitige Besuche, Projektarbeiten, Auslandspraktika, Bewerbungstraining, ein
Artikelaustausch zwischen Werks- und Schülerzeitung, angewandte Mathematik und Chemie sowie
Betriebsratsarbeit und Organisationsentwicklung sind Möglichkeiten, die Partnerschaft mit
Leben zu füllen.
Gelinge dies, so biete sich eine echte Chance mit positiven Auswirkungen auf den
Wirtschaftsstandort Stolberg, sah Professor Dr. Gerd Wassenberg von der FH Gelsenkirchen gute
Ansätze bei dem Unternehmer-Stammtisch gegeben: «Ein echter Standortvorteil für ökonomische
Entwicklung, Innovation und Produktivität.»
Jürgen Lange, Aachener Zeitung Online, 26.10.2001