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Quelle: Stolberger Zeitung

"Ich kann ja nichts dafür, dass ich Jubiläum hab“

Der "begnadete Bettler für den Aachener Dom“ steht am Sonntag selbst im Mittelpunkt: Hans Müllejans ist seit 25 Jahren Dompropst

Aachen. "Es geht mir um den Dom - und ich kann ja nichts dafür, dass ich jetzt auch Jubiläum hab“, entschuldigt sich Hans Müllejans, dass er als Dompropst ein gutes Jahr nach seinen Aktivitäten rund um die 1200-Jahr-Feier des Aachener Münsters nun als Person ganz in den Vordergrund rückt. Doch Müllejans wäre nicht Müllejans, würde er sein Silberjubiläum als Dompropst nicht ebenfalls für das Projekt einsetzen, das seit einem Vierteljahrhundert sein Leben bestimmt: "Der Aachener Dom braucht Hilfe“.

Über 1500 Gäste werden am Sonntag im Dom und im Rathaus erwartet, wenn sich auf den Tag genau die Ernennung zum Propst jährt. Und es wäre mehr als bedauerlich - und überraschend - wenn aus diesem Anlass nicht weitere stattliche Geschenke in die Kassen der Dom-Stiftung fließen. Die "Leistung“ von 1,5 bis 2 Millionen Euro hat sich Müllejans schließlich für die Zielgerade seiner Domkapitel-Laufbahn noch als Spenden-Ergebnis vorgenommen - in den letzten 23 Monaten vor dem "Abdanken“ aus seiner jetzigen Position, exakt am 75. Geburtstag. Der Dompropst, das ist laut Lexikon der "erste Würdenträger eines Domkapitels“. Im Fall von Hans Müllejans wäre das Wort Leistungsträger schon eher treffend. Mit Talenten in vielen Bereichen: Seelsorger, Kirchenrechtler, Personalmanager, Finanzjongleur - letzteres im positivsten Sinne natürlich. Die Arbeit in einer Gemeinde vor Ort, die er sich bei seiner Berufswahl ("Arzt oder Priester, ich wollte mit Menschen zu tun haben“) vorgestellt hatte, war 1959 beendet, als der Kaplan von St. Lucia Stolberg zum Domvikar und Bistumssekretär ernannt wurde. Knapp ein Jahrzehnt später kamen die Aufgaben als Personalreferent dazu, 1970 übernahm er die Hauptabteilung Personal im Bischöflichen Generalvikariat und gewann damit wieder die Verantwortung für eine stattliche "Gemeinde“ von 5000, Mitarbeitern.

Schließlich, kurz nach dessen Dienstantritt, das entscheidende Gespräch mit Dombaumeister Dr. Hans-Karl Siebigs: "Wieder wären Mörtelbrocken von der Chorhalle heruntergefallen, und er sagte mir: Wenn wir nichts unternehmen, könnte die Halle in zehn Jahren baupolizeilich geschlossen werden.“ Das war der Startschuss für eine beispiellose Aktion, als deren Ziel zunächst "nur“ 20 nötige Millionen Mark auftauchten. Über 60 Millionen Mark sollten es aber werden - oder, in Neu- Europäisch: 30 Millionen Euro. Eine schier unüberwindbar scheinende Hürde. Nicht für den gläubigen und tatkräftigen Dompropst. Er legte los, sollte schließlich über ein Viertel (!) dieser Summe allein durch Privatspenden bekommen. Viele Wege waren ihm dafür nicht zu beschwerlich. Er spielte Skat und zog Fußballtrikots über. Rund ums Dom-Jubiläum mit all seinen Verpflichtungen besuchte er allein 15 Karnevalssitzungen - weil die Vereine für "seinen“ Dom Spenden überreichen wollten. Selbst Bemerkungen wie "Waren Sie mal wieder für den Dom gut essen?“ konnten ihn nicht ernsthaft treffen. "Jeder Gast kann ja selbst sehen, dass es bei mir zu Hause auch für Wurst auf dem Brot und einen guten Tropfen Wein reicht.“ Nur das Herz, das war der Vielfach-Belastung 1984 nicht mehr gewachsen, so dass sich Hans Müllejans - gestärkt mit seinem Schrittmacher - von der Verantwortung im Personalwesen verabschieden musste.

Er hat seine Kontakte damit nicht verloren, im Gegenteil: Aus dem einzigen regelmäßigen Spender, der vor vielen Jahrzehnten 1000 Mark jährlich für den Dom gab, sind 6000 Helfer geworden, von denen ihm etliche bei einem der vielen Feste im Dom begegnen. Und "keine Mark“ hätte er für ein totes Denkmal gesammelt, "denn. ich will in Menschen investieren“. Über eine Million sind es, die pro Jahr außerhalb der Gottesdienste das Aachener Münster besuchen, mehr als 300000 kommen in die Schatzkammer, die 3000 Führungen sind noch zu wenig. Warum das Domkapitel da nicht Eintritt nimmt wie Gemeinden in vielen anderen Ländern und auch Süddeutschland, beantwortet Müllejans ohne Zögern: "Der Dom, die Kunstschätze, der Barbarossaleuchter bringen auch nichtgläubige Menschen zum Staunen, zur Sinnfrage. Und wir können ihnen dadurch vieles von dem nahebringen, was unser Alltag ist und uns bewegt. Wir könnten das Eintrittsgeld zwar gut für den Dom gebrauchen - aber wir lehnen es aus diesem Grunde ab. Mit einer Ausnahme: beim jährlichen Benefiz-Konzert von Grünenthal.“

Nach seinen Zielen nach der "Pensionierung“ als Dompropst gefragt, zögert er. Es sind ja noch 23 Monate, und es fehlen noch 6 Millionen Euro für die Grundsanierung des Domes, von denen 2 Millionen über Spenden aufgebracht werden müssen. "Und erst danach hoffe ich, dass ich noch ein paar Jahre mit dem Fegefeuer warten muss - um die Weiterentwicklung am Dom zu sehen. Und um mich den Menschen als Priester zur Verfügung zu stellen.“ Geburt, Trauung, Krankheit und Tod, "gerade an den Wendepunkten im Leben kann die Kirche für viele eine Hilfe sein und hat ihre Chance“. Eine Chance, die der (dann Ex-)Dompropst nutzen möchte. Wie der "begnadete Bettler für den Aachener Dom“, der einst daranging, eine acht Meter lange Liste von Schäden an Deutschlands Weltkulturdenkmal Nummer eins abzuarbeiten. Jene unglaubliche Herausforderung, deren Bewältigung sein Lebenswerk war und bleibt.

Das Domkapitel würdigt das Wirken von Hans Müllejans am Sonntag, 14. April, um 10 Uhr bei einem Pontifikalamt im Aachener Münster, die Stadt hat anschließend zu einem großen Empfang ins Rathaus eingeladen.

Maria blickt ihm in der heimischen Wohnung über dem Kreuzgang wohlwollend über die Schultern: Hans Müllejans wurde vor 25 Jahren zum Aachener Dompropst ernannt.
Foto: Andreas Schmitter

Aachener Zeitung, 10.04.02



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