Er gibt jedem Auftritt eine eigene Note
Alle wollen ihn sehen: "Nachrichten" unterwegs mit Klaus I.
Stolberg - Schweiß rinnt der Tollität die Schläfen hinab.
Der Blick wirkt glasig und müde. Ein Bierchen noch zum Feierabend. Klaus I.
hat einen harten Tag überstanden.
Zum Abschluss mussten Prinz und Erste Große durch die Hölle. "En de
Kess" feierte die Erste Kleine - bei gefühlten 50 Grad Celsius
Raumtemperatur. Ein paar Gardisten und Ehrenhüte der Ersten Großen hatten
sich vor dem Auftritt verabschiedet. Sie wollten nicht in den Kochtopf,
Klaus I. musste hinein.
Tollität hat keine Wahl. Das Narrenvolk in den Sälen, in Kindergärten,
Schulen, Altenheimen, Firmen und auf der Straße will ihn sehen. Als
"Überraschung" steht er Samstagabend im Programm der KG Mölle, als
"Höhepunkt" im Ablauf der KG Mönsterböscher Jonge, als "Schlusspunkt" auf
der Liste der Ersten Kleinen.
Den Samstagmorgen begann Klaus Bläsius beim Wettbewerb der
Kinderprinzen im Kaufhaus Victor. Aus dem Prinzenkostüm kommt er an solchen
Tagen kaum heraus. Pausen gibt es dabei reichlich, besonders kurz vor dem
Auftritt. Prinz, Adjutant, Präsident und Marie sind die Ersten am
Einsatzort. Garde, Ehrenhut und Elferrat folgen mit dem Reisebus. Quasseln,
diskutieren, Bier trinken, Zigarette rauchen und warten. An jedem Ort das
gleiche Bild. "En de Kess" lässt sich Klaus Bläsius vor dem Einmarsch auf
einem Mülleimer mit Deckel nieder. Die Beine werden langsam müde.
Lächeln angeknipst
Mariechen Katharina Lüth wirkt in der Männermenge angespannt. Ihr
Blick geht ins Leere, die Lippen kleben aneinander. Manchmal sei ihr
langweilig, gesteht sie. Aber von jetzt auf gleich knipst sie ihr Lächeln an
und wirbelt über die Bühne, dass die Bretter krachen. It's showtime.
Alex Wipping vom Trommler- und Pfeifercorps Vicht kündigt den großen
Moment an. Auf der dicken Trommel schlägt er den Rhythmus. Tambomajor Willi
Münstermann dirigiert seine Leute. Fahnenträger Heiner Römer schwingt das
Banner der prinzlichen Leibgarde. Stadtkommandant Dr. Helmut Schröder weist
der Marie den Weg, die Garde dackelt Säbel-schwingend hinterher. Das
Schlusslicht der Polonaise setzt Präsident Gottfried Hennig im roten Jacket.
Kaum auf der Bühne, kracht aus den Lautsprechern der
"Knochenbrecher-Song", die Hymne des Prinzen. Klaus Bläsius singt und tanzt,
die Garde wackelt im Rhythmus. In der zweiten Reihe wird hier und da
getuschelt oder an der Uniform gezupft. Mancher fühlt sich im
Scheinwerferlicht unbeobachtet - die Auftritte sind Routine für die Erste
Große.
Orden tauschen, singen, tanzen - auch für Klaus I. wiederholen sich
die Dinge. Aber er gibt jedem Auftritt eine besondere Note, mit einer
kleinen Anekdote, einem weiteren Lied, einer besonderen Ehrung. An seiner
Seite steht immer Adjutant Dirk Nolte. Der souffliert gelegentlich, reicht
an und nimmt ab, wenn seine Tollität freie Hände braucht.
Ein langer Tag
Nach dem Ausmarsch geht's wieder in den Kleinbus, zur nächsten Bühne.
Fahrer Josef Jurecki kennt den Weg. Er kutschiert Klaus I. durch die Session
und bringt ihn am Ende eines langen Tages sicher nach Hause.
Aachener Nachrichten Online, 24.02.2003